Katalog für Vinylschallplatten des VEB Deutsche Schallplatten

Die frühen Stereoplatten und deren Nummernsystem

 

Kurzer Abriß zum Beginn der Stereoplattenproduktion des VEB DS

In der zweiten Hälfte der fünfziger Jahre löst das Stereo- das Monoaufnahmeverfahren ab – so beginnen etwa die Deutsche Grammophon (DG) und Philips 1957 mit Stereoaufnahmen.

Beim VEB DS ist hingegen zu dem Zeitpunkt noch keineswegs daran zu denken, weil Stereoregieeinrichtungen nur im westlichen Ausland gekauft werden können. Das aber kostet Devisen, deren Bereitstellung die übergeordneten Stellen der DDR zunächst ablehnen, sodaß die für 1958 geplante Rekonstruktion der Aufnahmetechnik nicht stattfinden kann. Stereoproduktionen sind deshalb zunächst nur in Kooperation mit westlichen Partnern möglich, welche die Technik stellen. Mit der Aufnahme dreier Bachmotetten in Zusammenarbeit mit der DG im Mai 1958 mit dem Thomanerchor und dem Gewandhausorchester startet auch der VEB DS in das Stereozeitalter. Nachdem im Januar 1959 auch die drei anderen Motetten eingespielt sind, erfolgt die Mono-Veröffentlichung auf dem Platten 820 078 (1960) und 820 079 (1963). Die weiteren Stereoaufnahmen des Jahres 1958 sind drei Großproduktionen, nämlich Bachs h-moll-Messe und Strauss’ „Rosenkavalier“ (ebenfalls mit der DG, erschienen als 820 074-076 und 820 080-083) sowie Bachs Weihnachtsoratorium (mit Electrola, 820 084-087). Die Strauss-Oper ist zugleich die erste Produktion in der Lukaskirche Dresden.

Erst 1959 kann sich der VEB DS neue Aufnahmetechnik beschaffen und damit Ende November wiederum in der Lukaskirche Johannes Paul Thilmans vierte Sinfonie als erste Stereoaufnahme ohne westlichen Kooperationspartner einspielen. Die Platte erscheint im September 1960 mit der Bestellnummer 820 149, die Stereofassung folgt erst im März 1979 als 885 149 unter dem NOVA-Label.

Nachdem 1960 die Stereoproduktion u. a. mit Bizets „Carmen“ (820 172-175) und Haydns „Schöpfung“ (820 205-206) voll ins Rollen gekommen war sowie weitere Aufnahmen von westlichen Firmen übernommen oder mit diesen koproduziert wurden, kündigt man dem Handel für das erste Quartal 1961 die ersten Stereoplatten an. Doch dazu kommt es erst einmal nicht, sondern erst im Spätsommer erscheint mit Bachs Bauernkantate (725 004) die mutmaßlich erste Stereoplatte des VEB DS, denen ab Anfang 1962 weitere im Umfang von einer Handvoll monatlich folgen. Dabei ist man sich darüber im klaren, daß es zunächst nur eine geringe Nachfrage geben würde, muß der Käufer sich doch auch ein entsprechendes Abspielgerät beschaffen. Auch die Verkaufspreise in DM der DDR (nach Bestellnummernblöcken gestaffelt; Stand: 31.12.1961) sind alles andere als erschwinglich zu nennen:

515, 525, 535, 565: 10,10

545, 555: 12,10

715, 725, 735, 765: 16,10

745, 755: 18,60

815, 825, 835, 865: 21,10

845, 855: 22,60

Das bessere Hörerlebnis einer Stereoplatte hat dabei deren höheren Preis zu rechtfertigen.

 

Für 1962 gibt es einen extra Stereokatalog mit folgenden 54 Titeln, der aber nicht 1:1 veröffentlicht wird:

525 005, 006, 007, 008, 009, 010, 011, 012, 013, 015, 016, 017, 018

545 001, 002, 003, 005

555 001, 002, 003, 004, 005, 006, 007

725 001, 002, 003, 006, 009, 011, 012, 013, 014, 015, 018, 019, 021

825 011, 012-013, 015, 016, 029, 032, 054, 055, 056, 057, 058, 059, 060, 061, 063, 065, 067

 

Schon zum Jahreswechsel 1962/63 muß man nach gehäuften Reklamationen feststellen, daß die größtenteils verwendete Preßmasse aus tschechoslowakischer Produktion ungeeignet ist, und stellt die Stereoplattenproduktion bis auf weiteres ein. Hinzu kommt, daß der Handel bis dato nach wie vor auch zu wenig Stereoabspielgeräte anbietet. So werden 1963 gerade noch 3.000 Stereo-EPs, aber keine LPs mehr gepreßt. Erst ab Mai 1965 erscheinen in geringem Umfang wieder neue Stereoplatten mit ausschließlich 30 cm Größe, doch bleibt es in dem Jahr bei einer Gesamtauflage von nur 15.000 Stück. Davon entfallen die meisten auf neun ETERNA-Titel.

1966 sind es dann schon 43.000 Stück, wobei ab dem zweiten Halbjahr die bislang verwendete westdeutsche Preßmasse durch solche aus der ČSSR ersetzt werden kann. Das Hemmnis eines unzureichenden Angebotes an Abspielgeräten besteht jedoch weiter, und auch die noch immer vorhandene Preisdifferenz zur Monoplatte dämpft die Stereo-Kauflust. 1967 werden 99.000 Stereoplatten hergestellt, was bei einer Gesamtproduktion von 2.381.000 LPs (inklusive AMIGA) gerade einmal 4,2 % sind. Ende November wird der Stereoplattenpreis jedoch dem der Monoplatte angeglichen, und auch das Angebot an Plattenspielern wächst stetig. So steigt der Stereoanteil an der Produktion 1968 auf 22,8 %, zieht 1969 mit dem Monoanteil gleich und verdrängt diesen 1970 fast vollständig.

 

Das alte Stereobestellnummernsystem

In den Frühzeit des Erscheinens von Stereoplatten beim VEB DS wurde für diese eine eigene Nummerierung begonnen. Diese begann zwar wie üblich mit der laufenden Nummer 001, doch zur Erzielung einer lückenlos fortlaufenden Folge konnte auf die laufende Nummer der Monofassung einundderselben Aufnahme keine Rücksicht genommen werden. Andernfalls hätten, da die meisten der bis dato vorhandenen Aufnahmen nur in mono vorlagen, viele niedrige Stereobestellnummern gar nicht vergeben werden können. Trotzdem konnte aber bis jetzt für eine Reihe von Nummern keine Vergabe nachgewiesen werden, was besonders im Nummernblock 825 auffällig ist.

Wie oben schon angedeutet, erschienen in der ersten, 1963 jäh unterbrochenen Stereoära Titel aus den Nummernblöcken 525, 545, 555, 725 und 825, hinzu kam im Februar 1963 gerade noch die schon 1962 gepreßte erste AMIGA-Stereo-LP 745 001 (Gershwin: Rhapsodie in Blue, Ein Amerikaner in Paris; mono: 740 034).

Als 1965 mit zaghaften Schritten die zweite Stereoära begann, war die Zeit der Klassikneuerscheinungen auf EP und 25-cm-LP schon vorüber. Daher wurde nur noch der ETERNA-30-cm-Nummernblock 825 bedient, ergänzt durch die AMIGA-Titel 855 001 (Orchester Kurt Edelhagen; mono: 850 036) im Oktober 1965 und 845 001 (Querschnitte Das Land des Lächelns/Mein Freund Bunbury, mono: 845 021) im dritten Quartal 1966.

Im ETERNA-Bereich setzte man dabei die Bestellnummernfolge beginnend mit der 100 neu an, wodurch faktisch ein komplett neue Nummerierung entstand. Konkrete Auswirkungen hatte dies aber nur für zwei schon 1962 erschienene Titel, die mit neuer Nummer nochmals herausgebracht wurden: 825 109 (Mozart: Eine kleine Nachtmusik, Serenata notturna, Sinfonie A-Dur; 1962 noch als 825 015; mono 820 222) und 825 113 (Reger: Hiller-Variationen; 1962 noch als 825 067 als der zugleich höchsten seinerzeit erschienenen Nummer dieses Blocks; mono 820 271).

(Am Rande: Den Neuanfang von 1965 mit den laufenden Nummern 100-107 machte die Gesamtaufnahme der Beethoven-Sinfonien mit dem Gewandhausorchester unter Franz Konwitschny. Dabei wollte es der Zufall, daß die als 825 105 erschienene Sinfonie Nr. 7 dieselbe laufende Nummer wie die schon 1960 veröffentlichte Monoausgabe 820 105 erhielt…)

1966, als Neuaufnahmen nur noch in Stereo erfolgten, fiel die eigentlich logische Entscheidung, Mono- und Stereofassung ein und derselben Aufnahme fortan auch mit ein und derselben laufenden Nummer zu versehen, womit die allgemein bekannte „neue Nummerierung“ 820/825 xxx entstand.

Höchste noch erschienene Nummer aus dem alten System ist die 825 131 (Bach: Orchestersuiten BWV 1067 & 1068), während 825 129 (Strauss: Querschnitt „Die Fledermaus“) als einziger Titel erst 1967 hergestellte Matrizen (B 7, A 7) hat, also auch erst in dem Jahr erschienen sein kann. Wann genau die letzten Titel mit der alten Nummerierung erschienen sind, läßt sich zumindest anhand der Kataloge nicht mehr feststellen, weil sie dort offenbar schon mit ihrer neuen Nummer aufgeführt sind.

Ein Beleg für die Umstellung der Nummerierung 1966 ist, daß Platten, deren Matrizen bis September (H 6) hergestellt wurden, noch ausschließlich die alte Bestellnummer im Spiegel tragen. Ab September (Überlappung!) tritt dann die Variante mit alter, meist in Klammern gesetzter, und neuer oder bald schon nur noch neuer Nummer hinzu. Da zuweilen aber mehrere Monate zwischen der Herstellung der zwei Matrizen jeder Platte liegen, kommt die neue Nummer teils im Spiegel nur einer Plattenseite vor. Neue und alte Nummer im Spiegel sind demnach bei sechs Titeln und dort folgendermaßen zu finden:

825 108: A-Seite (L 6) alt+neu, B-Seite (K 6) alt+neu

825 119: A-Seite (K 6) alt+neu, B-Seite (B 6) alt

825 123: A-Seite (E 6) alt, B-Seite (K 6) neu

825 125: A-Seite (M 6) alt+neu, B-Seite (L 6) alt+neu

825 128: A-Seite (J 6) alt+neu, B-Seite (J 6) alt+neu

825 129: A-Seite (B 7) alt+neu, B-Seite (A 7) alt+neu

Auf Hüllen und Etiketten steht aber grundsätzlich noch die alte Nummer.

 

Zwar ist die 131 die höchste noch erschienene Nummer – vergeben wurde aber noch bis mindestens zur 179. Und schon die 132 (Falstaff-Querschnitt mit Karajan) ist nur noch mit der neuen Nummer als 825 520 erschienen, gehört aber insoweit ein Stück weit noch in die alte Nummernära, als sie im Spiegel beider Seiten die zwar getilgte, aber noch erkennbare Nummer 132 trägt. Grund ist, daß beide Matrizen schon im April 1966 (D 6) hergestellt, aber offenbar noch nicht gleich die Platten gepreßt wurden, sodaß die Anbringung der neuen und Tilgung der alten Nummer noch möglich war. Außerdem trägt die Hüllenrückseite noch die Andruckgenehmigung der Monofassung von 1965.

 

Weiteres aus der Übergangsphase 1966/67

Auffälliger ist jedoch, daß auf der Vorderseite noch das alte Eternalogo in 3D-Optik zu finden ist – Merkmal einiger weniger direkt nach der Nummernumstellung erschienenen Titel. „Weniger“ bedeutet hier, daß gleich anschließend auf das Logo mit Serifenlettern umgestellt wurde. So gibt es nur wenige Titel mit (noch) 3D-Logo und (schon) neuer Bestellnummer. Dazu gehören mit 825 542 bis 545 vier der fünf Platten der Gesamteinspielung von Beethovens Klavierkonzerten mit Claudio Arrau und dem Concertgebouw-Orchester Amsterdam unter Bernard Haitink. Die Matrizen bei 542 bis 544 sind von September bis November 1966 (ohne Hinweis auf eine alte Bestellnummer!), bei 545 von Januar 1967 und bei 546 von Februar bzw. März 1967. Die 546 hat zwar schon ein Serifenlogo, aber wie alle vier anderen noch die Andruckgenehmigung von 1966.